Von der "Studentenbude" zum Wohnheim
Die studentische "Bude" - Romantik und Alptraum
Die "Studentenbude" wird gerne in der Rückschau romantisch verklärt, handelte es sich doch meist die ersten "eigenen" vier Wände außerhalb des Elternhauses: Zu Hause hatte man nur "sturmfreie Bude", wenn man die Eltern ins Theater oder sonstwo schickte.
Faktisch bestanden diese "eigenen vier Wände meist aus einem eher kleinen Zimmer, das nur während des Semesters bewohnt wurde. Die "Bude" war es aus der sicht ihrer Bewohner. Aber wie stellt der Direktor "Zeus" in Heinrich Spoerls "Feuerzangenbowle" gegenüber dem "Schöler" Pfeiffer fest:
"Ein Schüler hat keine Bude, sondern ein Zimmer bei anständigen, rechtschaffenen Leuten!"
Das Phänomen der Zimmer- oder Pensionswirtin wurde von Luise Gunga für Berlin untersucht. Danach war die Untervermietung besonders für die Witwen öffentlich Bediensteter oft unerläßlich, um mangels ausreichender Hinterbliebenenversorgung ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
"Für die meisten angehenden Akademiker war das möbierte Wohnen, in einer 'Bude' die charakteristische Wohnform, die ihren besonderen Reiz dadurch erhielt, daß die Mietzimmer in auch nachts belebten Stadtvierteln lagen. Während diese Wohnsituation bei den männlichen Kommilitonen seit Generationen zu den festen, keineswegs dem Ruf abträglichen Bestandteilen der Lehr- und Wanderjahre gehörte, war die Situation für Studentinnen eine völlig andere. Sie liefen Gefahr, wegen ihrer Wohnsituation ihren guten Leumund zu verlieren." (Luise Gunga: "Zimmer frei". Berliner Pensionswirtinnen im Kaiserreich. Frankfurt/New York 1995, S. 96).
Anders als die 1810 gegründete Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität war die "neuartige" Kölner Universität hingegen überwiegend eine Pendlerhochschule: Die Mehrzahl der Studierenden kam aus Köln und oder der näheren und weiteren Umgebung bis ins Ruhrgebiet und das Bergische Land hinein. Die Mehrzahl der "Fahrstudenten" lebte in der elterlichen Wohnung.
Allerdings mußten Studierende aus weiter entfernten Herkunftsorten in Köln auf "Budensuche" gehen. Über die Qualität der Kölner Studentenzimmer ist nichts bekannt. Über die problemlosen Mietverhältnissen von Studenten wissen wir mangels Quelle so gut wie nichts, höchstens läßt eine über mehrere Semester gleichbleibende Adresse auf die Qualität schließen. Daneben gab es auch Streit zwischen studentischem Mieter und der Zimmerwirtin gab (der sich sehr wohl in den Quellen niederschlug): acht von 96 erhaltenen Disziplinarakten (das sind 8,3 %) der Jahre 1928 bis 1932 betreffen Mietschulden oder Mietstreitigkeiten. Von dem in Mainz geborenen Kölner Gründungsrektor Christian Eckert wissen wir, daß er in seinem Berliner Semester 1893 ein Zimmer angemietet hatte, das sich als völlig verwahrlost herausstellte und dessen Bett Heimstatt einer Flohfamilie war. - Eckert kündigte nach einer Woche und zog um. Vermieterinnen beschwerten sich häufiger über aus ihrer Sicht ungeratene Studenten; allerdings mußte bei Mietschulden der Kölner Universitätsrichter die Beschwerdeführerinnen auf den ordentlichen Rechtsweg verweisen, in anderen Fällen konnte er durch Appelle seinen Einfluß auf die Studenten geltend machen.
Wohnen im Nachkriegs-Köln 1948
Der Darmstädter Mediziner Hans Helmut Jansen erinnerte sich 1996:
"Mit dem Wintersemester 1946/47 wurde das Medizinstudium in Köln wieder aufgenommen. Durch glückliche Umstände bekam ich durch Vermittlung eines Freundes meines Vaters ein Zimmer beim Oberpostrat Nosbach in der Universitätsstraße 20. Der Schreibtisch war groß, aber die Schlafcouch so kurz, daß sie zum Schlafen durch einen Stuhl am Fußende verlängert werden mußte. Störender war das Klavier, auf dem die Tochter täglich übte. Noch schlimmer war die fehlende Heizung in diesem ersten Wintersemester. Ich saß am Schreibtisch, in Wolldecken eingehüllt. Dennoch war ich froh, ein so gutes und in der Nähe der Universität und Kliniken gelegenes Zimmer zu haben. [...]
Mit einer Studentin hatte ich eine Arbeitsgemeinschaft, die durch gegenseitiges Abfragen sehr gut eingespielt war. Im Winter gestattete es die großzügige Zimmerwirtin Frau Nosbach, daß wir in meinem Arbeitszimmer gemeinsam lernen durften. Es war damals üblich, daß "Damenbesuch" bei "möblierten Herren" nicht erwünscht war. Spätestens um 22 Uhr hatten die Damen das Zimmer zu räumen."
(UA Köln, Zug. 488-1)
Das Studentinnenheim Theresienstraße
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Kölner Universität bald den Charakter einer Massenuniversität an. Damit mußte durch das Studentenwerk - damals noch ein e.V. der Universität - für studentischen Wohnraum gesorgt werden.
Während über die Wohnsituation der seit 1907 als ordentliche Studierende an der Handelshochschule und später der Universität zugelassenen Studentinnen bis in die 1950er Jahre nichts bekannt ist, wurde das 1953 Wohnheim Theresienstraße als erstes Wohnheim ausdrücklich für Frauen errichtet. Es besteht bis heute und ist damit die älteste Wohneinrichtung des Kölner Studentenwerks. Das größte ist bis heute das Studentendorf Efferen in Hürth vor den Toren Kölns. Zur Betreuung der in Wohnheimen lebenden Studierenden legte die Universität von 1960 bis Mitte der 70er Jahre ein Tutorenprogramm auf, in dem ältere Studierende ihre jüngeren Kommilitonen betreuten.
Seit dem Ende der 1960er Jahre baute dann nicht nur das Studentenwerk, sondern auch eine Reihe von Bauvereinen der Kölner Verbindungen oder andere Träger studentische Wohnheime. Trotzdem deckt das Angebot an Wohnheimplätzen schon seit Jahren den Bedarf der zahlreichen Kölner Hochschulen nicht mehr:
Studentische Wohnungsnot in Köln Anno 2013
Im Wintersemester 2013/14 erwarten die nordrhein-westfälischen Hochschulen den ersten Doppeljahrgang von Abiturienten, die nach 9 und ersdtmals nach 8 Jahren die Hochschulreife erworben haben.
Köln erfreut sich als Hochschulort großer Beliebtheit - wegen der Exzellenz der Universität genauso wie wegen der Lebensqualität. Den Mangel an studentischem Wohnraum wollen Universität, das Kölner Studentenwerk und die Stadt Köln durch eine konzertierte aktion zur Acquise von Privatzimmern mildern helfen.
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