Kompetenz in Sachen Überlieferung. Seit 1968.
Die neue, 1919 gegründete Universität zu Köln befaßte sich erst relativ spät mit der Frage eines eigenen Historischen Archivs: Am 13.11.1962 richteten die Historiker Theodor Schieffer und Adam Wandruska an den Rektor den Vorschlag, ein Universitätsarchiv einzurichten. Erst 1964 bat der Rektor dann per Rundschreiben alle Instituts- und Seminardirektoren um Mitteilung über den Umfang der noch vorhandenen Akten bis 1945 und um Angaben über die darin enthaltenen Hauptsachgebiete und Lagerungsorte.
Eingerichtet wurde das Universitätsarchiv dann zum 1. April 1968 mit dem Dienstantritt einer vom Staatsarchiv Detmold an die Universität versetzten Archivarin. Köln gehört damit nicht nur in Nordrhein-Westfalen zu den ältesten Einrichtungen seiner Art: Zum Zeitpunkt seiner Gründung bestanden in Westdeutschland (ohne die damalige DDR) nur 13 weitere Hochschularchive; in der Domstadt wirkte überdies eine von vier hauptamtlichen ausgebildeten Archivaren bzw. Archivarinnen.
Die Dienstordnung wurde durch Senatsbeschluß vom 27.11.1971 in Kraft gesetzt und regelte in Verbindung mit dem Archivgesetz für die staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.5.1989 die Aufgaben und Befugnisse des Archivs. Das Universitätsarchiv wurde 1983 dem Rektorat der Universität zugeordnet und tritt für den Bereich der Universität an die Stelle des Landesarchivs NRW - Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf. Insofern erfüllte das Universitätsarchiv bis zum Inkraftrreten der Hochschulfreiheit (1.1.20079) die Funktion eines staatlichen Archivs.
1974 lagen die Aktenablieferungen der vier älteren Fakultäten, der unmittelbaren Vorläufereinrichtungen (Handels- und Verwaltungshochschule), der wichtigsten akademischen Behörden und der Universitätsverwaltung bis 1960/65. Im Vorfeld des Jubiläums von 1988 wurden die Arbeiten an der dreibändigen Universitätsgeschichte vom Archiv koordiniert. Zu diesem Zwecke wurde befristet ein Wissenschaftlicher Angestellter beschäftigt.
1986 skizzierte der damalige Archivleiter Univ.-Prof. Dr. Erich Meuthen den Funktionswandel des Archivs folgendermaßen: "War das Universitätsarchiv zunächst ein Dienstleistungsbetrieb, der in erster Linie den entsprechenden Bedürfnissen der Verwaltung Rechnung tragen sollte, so hat es sich aufgrund der ihm von der Universität übertragenen historiographischen Aufgaben darüber hinaus immer mehr zu einer Forschungsinstitution entwickelt, ... eine durchaus begrüßenswerte Zwangsläufigkeit, die Köln mit anderen großen Universitäten gleichziehen läßt, die wie etwa München, Tübingen. Heidelberg, Bonn schon lange ein in hohem Maße der historischen Forschung dienendes Universitätsarchiv mit entsprechendem wissenschaftlichem Personal besitzen."
Das Universitätsarchiv steht seit seiner Gründung unter archivfachlicher Leitung und Betreuung: Der Initiator, Prof. Dr. Theodor Schieffer (1910-1992), arbeitete 1937 zeitweilig am Staatsarchiv Münster und absolvierte von Oktober 1937 bis März 1939 den Lehrgang am Institut für Archivwissenschaft in Berlin-Dahlem. Einige Grundsätze zum universitären Archivwesen formulierte er schon 1950 in seiner Zeit als Professor an der Universität Mainz.
Nach seiner Berufung an die Universität zu Köln fand der Plan eines Kölner Universitätsarchivs einen weiteren Förderer in Prof. Dr. Heinrich Büttner (1908-1970), auch er Absolvent des IfA in Berlin-Dahlem, von wo er 1938, nach einer kurzen Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica, auf eine Stelle am Staatsarchiv Darmstadt wechselte. Schieffers Nachfolger als Leiter der Universitätsarchivs wurde im August 1977 Prof. Dr. Erich Meuthen, der seine Ausbildung zum Archivar am NordrheinWestfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf und an der Archivschule Marburg erhielt und mehrere Jahre als Leiter des Stadtarchivs Aachen tätig war. Meuthen führte die Leitung des Universitätsarchivs auch nach seiner Emeritierung bis zum 31.1.2001 fort.
Seit dem 1.2.2001 war Prof. Dr. Wolfgang Schmitz, der Direktor der Universitäts und Stadtbibliothek Köln, in Personalunion auch nebenamtlicher Leiter des Universitätsarchivs, neben dem Archivassessor Dr. Andreas Freitäger die archivfachlichen Belange des Universitätsarchivars wahrnimmt. Herr Schmitz trat am 31.08.2014 in den Ruhestand. Als Nachfolger in der nebenamtlichen Leitung des Archivs ernannte das Rektorat im Januar 2015 den neuen Direktor der Bibliothek, Dr. Hubertus Neuhausen.
Wofür Archive (auch) gut sind ...
Manchmal erlebt man als Archivar große und kleine Überraschungen. Zum Beispiel diese hier:
Das Universitätsarchiv Köln hat schon vor drei Jahren den wissenschaftlichen Nachlaß des verstorbenen Professor H. (Jurist!) übernommen, konnte ihn aber mangels freier Regale bislang nicht aus den Kartons auspacken.
Als dies jüngst geschah, kam auch ein schmaler Druck in Großquart an Licht. Stutzig daran machte freilich der nicht gelöschte Besitzstempel. aufmerksam wurde der Archivar, als er einen Fernleihschein und einen Fristzettel der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln "24. Oktober 1978" fand. Der Druck hatte dort wohl schon länger gelegen ... Das Archiv nahm umgehend mit der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Mainz Kontakt auf:
"Beim Auspacken des Nachlasses von Prof. Dr. H. fiel mir ein Programm der Universität Gießen von 1880 mit Ihrem Besitzsstempel sowie noch einliegenden Fernleihunterlagen in die Hände: [...] Sollte der Band bei Ihnen als vermißt gelten, bitte ich um Nachricht, wir werden Ihnen das schmale Heft selbstverständlich zurückgeben."
Der zuständige Mitarbeiter der Stadtbibliothek schrieb postwendend per Email zurück:
"Das Heft ist immer noch in unserem Katalog verzeichnet, nicht ausgetragen und gehört somit immer noch zu unserem Bestand. Wenn Sie uns das Heft bei Gelegenheit zurücksenden, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Bitte senden Sie auch die entsprechenden Fernleihunterlagen mit zurück. (Mit den in 32 Jahren angefallenen Mahn- und Säumnisgebühren werden wir den Etat der Stadtbibliothek sanieren. Das gibt einen Prozess! ... verdammt, schon verjährt!)"
Was für ein Glück für den Etat des 1978 entleihenden Instituts für Neuere Privatrechtsgeschichte: legte man nämlich den Mahn- und Säumnisbetrag der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek in Mainz von 1,00 € pro Medium und Woche zugrunde, käme die stolze Summe von 1625,00 € für 31 Jahre zu 52 Wochen plus 13 Wochen (für 1978 und 2010) zusammen.
Aber wie gesagt - die dreißigjährige Verjährungsfrist ist eingetreten. Allerdings wurde auch von verschiedener Seite angemerkt, daß man wohl weder in Mainz noch in Köln die Leihfrist besonders gut verfolgt und auch nicht angemahnt habe. Immerhin steht der Druck nunmehr nach Rücksendung durch das Universitätsarchiv Köln den Mainzern wieder zur Verfügung.
Merke: Spätestens im Archiv findet sich alles wieder ... Aber einen Kaffee für den Archivar sollte das doch wohl wert sein?